Wer jemals aktiv Leistungssport betrieben hat, der hatte sicher auch Gelegenheit, sich das eine oder andere Mal kräftig über „dumme“, „böse“ oder „unfähige“ Funktionäre zu ärgern. Ich erinnere mich noch deutlich an eine Situation, als ich am Ziel eines Radrennens „genau“ gesehen hatte, dass ich als Vierter die Ziellinie überquerte, aber auf der Resultatliste sehen musste, dass ich als Fünfter gewertet wurde.

 Mit 185 Puls, weit überhöhtem Blutdruck und hochrotem Kopf warf ich dann verbal meinen aufgestauten Ärger den Funktionären und Zielrichtern auf den Kopf, wobei diese mit den damaligen technischen Möglichkeiten kaum in der Lage waren, die ersten Drei korrekt zu werten, wenn ein ganzes Fahrerfeld nebeneinander über die Linie sprintete.

Nach meiner aktiven „Karriere“ kehrte sich meine Meinung aber rasch ins Gegenteil um, als ich selbst erlebte, mit welch persönlichem Einsatz und mit welcher Begeisterung, größtenteils ehrenamtlich, hier viele Menschen arbeiten um eine Veranstaltung „auf die Beine zu stellen“. Wenn man im Salzburger Radsport von einem „Funktionär“ spricht, der alle Höhen und Tiefen dieser oftmals „undankbaren“ Aufgabe durchlebt hat, ohne sich von solchen „Lausbuben“, wie ich es damals auch war, beirren zu lassen, hört man zuerst mit hoher Wahrscheinlichkeit den Namen Jürgen Huber .

In den letzten Jahren meiner Radsportlaufbahn tauchte Ende der 1960er-, Anfang der 70er-Jahre – der genaue Zeitpunkt ist auf meiner Festplatte nicht mehr gespeichert – in der damaligen ARBÖ-Zentrale in der Rosengasse, gleich in seiner Nachbarschaft, „der Herr Huber“ auf, und nahm sich des damals nach den Höhenflügen eines Richard Menapace etwas „darniederliegenden“ Salzburger Radsports an.

Die Situation im österreichischen Radsport war damals so, dass einige große Firmen talentierte Radfahrer anstellten, die dann auf den Trikots, und nach sportlichen Erfolgen in den Medien, „Werbung zum günstigen Preis“ für den jeweiligen Brötchengeber machten. In Salzburg gab es diese Möglichkeit nicht, einige Sponsoren wie Atomic, Stefanitsch, Levis halfen aber insoweit, dass Sportbekleidung und Verschleißmaterial für die Fahrer angeschafft werden konnte, während der ARBÖ zumindest einen Teil der Reisespesen abdeckte. Die Radfahrer selbst gingen alle einer Ganztagesarbeit nach, was sich natürlich auf den Trainingsumfang und damit auf die Erfolgserlebnisse negativ auswirken. 

Jürgen nahm die Situation so wie sie war, kümmerte sich zunächst in seiner ruhigen Art besonders um die jungen Fahrer; besorgte ihnen Trainingspläne, gab ihnen taktische Ratschläge zu Rennsituationen, musste die „Übermotivierten“ auch manchmal einbremsen, wenn sie an einem Wochenende gleich 3 Rennen fahren wollten, und war jedes Wochenende mit dem Bus zur Stelle, wenn es wieder galt, irgendwo in Österreich oder im benachbarten Bayern ein Rennen zu bestreiten. Dabei war es natürlich hilfreich, dass er auch selbst einige Jahre aktiver Rennfahrer war, wobei ihm zwar die großen Erfolge verwehrt waren, was aber seiner Begeisterung für den Radsport keinen Abbruch tat.

Mit dieser Begeisterung ging er auch an die Jugendarbeit und an die Rennbetreuung, war aber auch an vorderster Front, wenn es galt in Salzburg selbst ein Rennen oder ein ganzes Rennwochenende zu organisieren. War es nun die Arbeit Jürgens oder war es das Glück, das dem Tüchtigen ja bekanntlich zur Seite steht – auf jeden Fall dauerte es nicht lange, bis sein Einsatz auch Früchte trug. Zuerst war es der junge Herbert Spindler, der sich als Nachwuchsfahrer beinahe kometenhaft in den Ergebnislisten des österr. Radsports an die vordersten Stellen fuhr, dann kamen noch neben anderen Talenten die beiden Dusika-Jugendtour-Sieger Peter Muckenhuber und Franz Reindl, welche er damals persönlich bei der Tour betreute, und damit ging es mit dem Salzburger Radsport steil bergauf. Es wäre hier müßig und fehl am Platz, die herausragenden Erfolge der Salzburger Radsportler aufzuzählen, aber die Österreich-Rundfahrtssiege durch Herbert Spindler 1979 und Gerrit Glomser 2002 u. 2003 muss man schon erwähnen. Diese nationalen und auch viele internationale Erfolge sowie seine unermüdliche Arbeit fanden natürlich nicht nur in Salzburg, sondern auch im übrigen Österreich Beachtung, und er war schon bald ein in ganz Österreich geschätzter und anerkannter Funktionär und Betreuer. Diese Erfolge blieben natürlich auch der Salzburger Wirtschaft nicht verborgen, und so gelang es dem Verein mit Peugeot-Frey, den Salzburger Nachrichten und dann auch noch Wüstenrot namhafte Sponsoren zu gewinnen, welche den Radsportlern auch die so wichtigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellten.

Nachdem sich Jürgen „so quasi um alles“ kümmerte, z. B. wusch und bügelte er nach einem Rennwochenende in Salzburg auch die Startnummern der Fahrer, wurde er in Salzburg zum „Mister Radsport“, von der Presse aber auch „zum Mädchen für alles“ tituliert. Dagegen hat er sich aber bei seiner offiziellen Abschiedsfeier mit Recht gewehrt, denn er musste mehr als einmal bei diversen Veranstaltungen „seinen Mann stellen“, wenn es galt, noch in der Nacht vor einem Rennen die Strecke auszuschildern und Richtungspfeile auf den Asphalt zu pinseln, oder bei einem richtigen „S…wetter“ stundenlang in der Kälte auszuharren bis der letzte Fahrer im Ziel war.

Apropos „offizielle Abschiedsfeier“: Diese war wirklich eine der großartigen Arbeit Jürgen Hubers gerecht werdende Veranstaltung. Auch unser radsportbegeisterter Bürgermeister ließ es sich, zusammen mit dem für den Sport zuständigen Landesrat, nicht nehmen, dabei zu sein und ihm ein Geschenk zu überreichen. Da waren praktisch alle anwesend, welche im Salzburger Radsport jemals Rang und Namen hatten und noch haben, und sogar hochrangige Funktionäre des ÖRV aus Wien waren vertreten. Als Höhepunkt bekam er von Gerrit Glomser ein Trikot des damaligen (2003) Weltmeisters Igor Astarloa überreicht. Ein ebenfalls sehr schönes Erlebnis für ihn und natürlich auch alle anderen Radsportanhänger war die in Salzburg ausgetragene Rad-Weltmeisterschaft 2006, welche ja fast an seiner Haustür vorbeiführte.

So, jetzt aber genug gelobt, sonst wird Jürgen auf seine „alten Tage“ noch übermütig; jetzt ist es angebracht, ihm abschließend nochmals für seine jahrzehntelange selbstlose Arbeit herzlich zu danken und ihm noch viele Jahre bei guter Gesundheit und viel Freude mit seinem Blumengarten und seinen geliebten Katzen zu wünschen. Als „alter“ Berufskollege darf ich dir auch noch ein herzliches „Gott grüß‘ die Kunst“ wünschen und der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir uns noch sehr oft beim „Die-alten-Radlfahrer-Stammtisch“ treffen. 

 

Günter Fischwenger und 

Peter Hrebicek

im Namen aller Salzburger Radsportfreunde.
30. Dezember 2017